Hinter eines Baumes Rinde wohnt die Made, mit dem Kinde… So beginnt ein berühmtes Gedicht des beliebten Komikers Heinz Ehrhardt. Keine Angst, ich will das Gedicht nicht zerpflücken, nicht zerreden und auch sonst nicht in Frage stellen. Aber hast du dich nicht auch schon mal gefragt, was eigentlich der Unterschied zwischen Borke und Rinde ist? Haben bestimmte Bäume eine Rinde und wieder andere eine Borke? Ist Rinde vielleicht glatt und Borke eher furchig? Hat ein Baum erst Rinde und irgendwann Borke? Gibt es überhaupt einen Unterschied?
Schauen wir uns das mal an.
Wenn wir an einen Baum denken, dann sind wir uns doch einig, dass Stamm, Äste und Zweige eine äußere Schutzschicht aufweisen, die glatt sein kann oder furchig, manchmal hart ist und manchmal weich.
Ich erwische mich oft selbst dabei, dass ich von Rinde spreche wenn sich ein Baum glatt anfühlt, z.B. bei einer Buche und von Borke, wenn er alt und furchig dasteht. Aber ist das richtig? Spoiler: klares Jein.

Stieleiche (Quercus robur)

Um der Sache auf den Grund zu gehen und zu verstehen, ob wir es nun mit Rinde oder Borke zu tun haben, müssen wir kurz in den Bio-Unterricht und uns mal einen Baumquerschnitt genauer anschauen.
Vom Kambium wird jeder schon mal gehört haben, dass ist die dünne Schicht, die Schäden an einem Baum verursachen kann wenn man sie verletzt. Aber was macht das Kambium eigentlich? Vereinfacht bildet es Holzzellen ins Innere des Stammes und Bastzellen nach außen. Das nennt man sekundäres Dickenwachstum.
Buche (Fagus spp.)
Außerdem durchzieht es die vertikal verlaufenden Markstrahlen. Diese transportieren auf der inneren Holzseite (Xylem) Wasser und gelöste Nährstoffe von den Wurzeln bis zu den Blättern. In den Blättern liegt nach der Photosynthese Zucker als Produkt vor, welcher dann als „Brennstoff“ wieder in die Zellen des Baumes geleitet werden muss, dass übernimmt die Bastschicht (Phloem) außerhalb des Kambiums. Sterben diese Zellen ab, bilden sie zusammen mit den dazwischenliegenden Korkzellen nach außen die – Obacht! – Borke.


Junger Bergahorn (Acer pseudoplatanus)
Esche (Fraxinus excelsior)
Die Essenz aus den letzten Sätzen ist also: Die Borke sind die abgestorbenen Zellen aus dem Bastteil der Pflanze. Jetzt muss einfach nur noch ein Stück rausgezoomt und nochmal abstrahiert werden: Alles, was außerhalb des Kambiums gebildet wird, also Bast und Borke, bilden das äußere Abschlussgewebe des Baumes, nämlich die Rinde.

Querschnitt durch eine Esche (Fraxinus excelsior), von oben nach unten:
Borke, Bast, Kambium, Splintholz, wobei Bast und Borke die Rinde bilden.
So hat jeder (zweikeimblättrige) Baum eine Borke und eine Rinde, unabhängig davon ob er nun glatt oder furchtig erscheint. Zweikeimblättrige Bäume wären z.B. die Buche oder die Eiche.
Nun haben einkeimblättrige Pflanzen aber kein Kambium, ergo können sie keine Borke bilden. Sie bilden aber durch abgestorbene Gewebezellen trotzdem ein äußeres Abschlussgewebe, sie haben also auch eine Rinde. Beispielhaft seien hier die Palmen genannt.
Somit lebt die Made auf jeden Fall hinter eines Baumes Rinde, selbst wenn sie hinter eines Baumes Borke wohnt.
Wieder was gelernt! So dornig war das Thema doch gar nicht. Oder war es stachelig? Wenn du wissen willst, was der Unterschied zwischen Stacheln und Dornen ist, dann lies hier weiter.